Tiny ACE

Auf den Spuren von Turings Automatic Computing Engine

Jürgen Müller

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Alan Turing hat nicht nur die "Turing-Maschine" erdacht, die als Gedankenexperiment grundlegende Erkenntnisse zur Berechenbarkeit lieferte. Nach dem 2. Weltkrieg hat er auch einen der ersten realen, frei programmierbaren Computer entworfen, die "Automatic Computing Engine" (ACE). Turings Entwurf von 1945 war erst im Jahr 1950 fertig umgesetzt – zunächst nur in einem kleineren Pilotmodell, der "Pilot ACE". Trotzdem war dieser Rechner mit 1 MHz Taktfrequenz seinerzeit der schnellste der Welt. Die Pilot ACE wurde, anders als zunächst vorgesehen, nicht nur als technisches Testbett genutzt, sondern auch für umfangreiche Berechnungen z.B. zur Aerodynamik. Die in den Folgejahren gebaute "große" ACE wurde allerdings von moderneren Rechner- und Speicherarchitekturen überholt. Im Vortrag erläutere ich die ungewöhnliche Architektur der Pilot ACE: Alle Daten und Programminstruktionen laufen ständig in Ultraschall-Verzögerungsleitungen um, die als Hauptspeicher und Register dienen. Und es gibt im Grunde nur einen Programmbefehl, nämlich den Transfer eines Datenworts – der aber durch spezielle Source- und Destination-Adressen mit Rechen- oder Logikfunktion alle notwendigen Funktionen für einen universellen von-Neumann-Rechner bereitstellt. Zum Abschluss des Vortrags zeige ich einige Besonderheiten der Pilot ACE an einem verkleinerten, aber voll funktionsfähigen Demonstrator. Die "Tiny ACE" nutzt diskrete 74xx-Logikbausteine, so dass die ACE-Systemarchitektur auf dem Einplatinenrechner direkt erkennbar ist. Programm und Daten werden in echten Ultraschall-Umlaufspeichern gehalten: Akustische Verzögerungsleitungen aus den PAL-Fernsehern der 1980er-Jahre erweisen sich als so präzise und stabil, dass sie Daten über Stunden zirkulieren lassen können.

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