Ein Gespräch mit Choreografin und Performerin Gloria Höckner, die unter anderem über ihr Projekt "Sentimental Bits" erzählen wird.
Es handelt sich dabei um ein künstlerisches Rechercheprojekt, das sich mit dem Tracking von Gefühlen durch künstliche Emotions-Intelligenz (Emotions-KI) auseinander setzt.
Sentimental Bits - an artistic research project
Probebühne im Gängeviertel, Hamburg
"Sentimental Bits" ist ein künstlerisches Rechercheprojekt, das sich mit dem Tracking von Gefühlen durch künstliche Emotions-Intelligenz (Emotions-KI) auseinander setzt.
Emotions-KI nutzt verschiedene Sensoren um Mimik, Stimme, oder Körperhaltung abzutasten und daraus den emotionalen Zustand eines Menschen zu bestimmen. Große Unternehmen wie Amazon, Facebook oder Google sind aktuell an der Entwicklung und Implementierung von Emotions-KI beteiligt, um sie etwa für die Individualisierung von Werbung für potentielle Kund*innen zu nutzen. Die technische Möglichkeit, Emotionen zu erkennen, schlägt in diesem Bereich auf deren Beeinflussung um. Emotions-KI wird aber auch in anderen Bereichen wie bei der Einwanderungskontrolle an Grenzen (bsw. in Griechenland, Ungarn), oder zur Überwachung in öffentlichen verkehrsmitteln (Nizza) eingesetzt. Die Gründerinnen der Firma Affectiva sind der Meinung, dass ihre Technologie das Potential hat, eine „Emotion Economy“ - eine Ökonomie der Emotionen - herzustellen. Affectiva bietet eine Software an die Gesichtsanalysen liefert, um daraus Stimmungsanalysen abzuleiten und behauptet von sich, den weltweit größten Datensatz an menschlichen Emotionen zu haben. In "Sentimental Bits" wird Emotions-KI performativ untersucht und künstlerisch angeeignet, um Interaktionsmöglichkeiten damit auszuloten.
Die Klassifizierung des körperlichen Ausdrucks geht auf historische und mittlerweile als Pseudowissenschaften entlarvte Theorien der „Physiognomie“ und „Phrenologie“ zurück. Diese zutiefst essentialistischen Ansätze versuchten, den "wahren" Charakter, die "wahren" Emotionen aus dem physischen Erscheinungsbild eines Menschen zu deuten. "Sentimental Bits" befragt neue Emotions-Tracking Technologien kritisch aus einer technofeministischen Perspektive, ob diese nicht auf denselben biologistischen Essentialismus zurückgehen.
Wie können wir einen selbstbestimmten Umgang mit unserem Körper und den Daten die von ihm gesammelt werden erlangen? Wie verändert sich der Ausdruck von Emotionen und soziale Kontakte im Zuge ihrer Digitalisierung? Und wie können wir uns neuen Überwachungstechnologien entziehen?