Anatomie des politischen Amtsmissbrauchs am Beispiel der Tierschutzcausa. Was passiert wenn Behörden ungehindert rechtsstaatliche Methoden verlassen?
2018 „feiern“ wir das zehnjährige Jubiläum der Verhaftungen rund um den großen Tierschutzprozess in Wiener Neustadt. Vor 2008 hat niemand für möglich gehalten wie weit auch in Österreich gegen die eigene kritische Zivilgesellschaft vorgegangen werden kann. Wir müssen nicht nach Ungarn oder in die Türkei blicken, um besorgniserregende Beispiele von Repression zu finden.
In diesem Beitrag beleuchte ich was diesem weltweit für Aufsehen sorgenden Justizskandal vorausging, mit welchen Methoden die Betroffenen drangsaliert wurden, wie sie sich zur Wehr gesetzt haben und was wir aus all dem lernen können.
Die Organisationsparagraphen 278 ff des österreichischen Strafgesetzbuchs erlangten mit ihrer dreisten Verwendung gegen die friedliche Tierschutzbewegung in Österreich traurige Berühmtheit. Aufgrund ihrer schwammigen Formulierung und höchst fragwürdiger Abläufe in Polizei und Gerichten, konnten sie benutzt werden Aktivist_innen nicht nur unter absurdem Aufwand zu verfolgen, sondern sie auch grundlos wegzusperren und zu ruinieren.
Diese Erfahrungen lehrten die Tierschutzbewegung in Österreich die Bedeutung vertrauenswürdiger EDV-Lösungen. Leider hatten viele zuvor nur teilweise Verschlüsselung eingesetzt. So waren die Hauptinhalte im Prozess vor Gericht aus ihren Zusammenhängen gerissene Textfragmente, die ihre radikale Geisteshaltung belegen sollten. Es ging nicht um Taten. Die wurden im Prozess (im Gegensatz zu den Aussendungen an die Medien) gar nicht erst behauptet. Es wurde versucht mit wirren und verfälschten Zitaten den Angeklagten radikale Überzeugungen nachzuweisen, die ausreichen sollten, um sie als geistige Förder_innen einer imaginären kriminellen Organisation zur Durchsetzung von radikalen Tierschutzideen zu verurteilen.
Aber auch die österreichische Medienwelt befleckte sich nicht mit Ruhm. Die blinde wörtliche Übernahme von amtlichen Presseaussendungen machten es lange unmöglich über die tatsächlichen Fakten aufzuklären weil die Öffentlichkeit systematisch mit völlig haltlosen Schauermärchen zugemüllt wurde. Erst der konstante persönliche Einsatz zahlloser mutiger und motivierter Einzelmenschen und ein effektives „Freibeweisen“ konnte eine Wende hervorrufen, die nach Jahre langer Prozessführung nicht nur in Totalfreisprüche für alle Beschuldigten mündeten, sondern sogar in eine Entschärfung des in diesem Zusammenhang missbrauchten § 278 a des StGB.
Leider sind wir weit davon entfernt die Gefahr gebannt zu haben. Die neue Regierung zerschlägt in einem atemberaubenden Tempo die Grundlagen unserer Gesellschaftsordnung. Verhüllungsverbot, Überwachungspaket, Staatstrojaner und Einschränkungen des Versammlungsrechts sind leider nur einzelne Beispiele eines Hagels an Angriffen gegen unsere aus gutem Grund verfassungsrechtlich geschützten Möglichkeiten ziviler Mitgestaltung. Wir müssen mehr denn je dafür eintreten unsere demokratischen Grundrechte zu verteidigen. Wir haben keine andere Wahl.
Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht. … Niemand hat das Recht zu gehorchen.