Schon bisher ist die Ausstattung von IT-Laboren bzw. PC-Räumen an Hochschulen - mit ihren schnell wechselnden und vielfältigen Anforderungen - eine Herausforderung, die wir an der Fachhochschule Burgenland mit unserem "Vlizedlab" (eine Open Source Eigenentwicklung - siehe www.vlizedlab.at) sehr gut bewältigen können. Das Vlizedlab ist seit vielen Jahren in Betrieb, auch an Schulen in Österreich in Verwendung. Es wurde auf der FROSCON 2014 schon einmal vorgestellt.
Und dann kam Corona: Umstellung auf 100% Fernlehre über Nacht, aber gleiche Anforderungen, gleiche Lectures, gleiche Studiendauer.
Wie wir es geschafft haben, unser Labor zu den Studentinnen und Studenten nach Hause zu bringen - unter bester Ausnutzung der vorhandenen Hardware, ohne zusätzliche Kosten, sowie unter Beibehaltung der gewohnten Unterrichtsmodalitäten und des bewährten Workflow, wie wir damit weiterhin Lehre von Anwendersoftware über Betriebssysteme bis zu Blockchain und Container-Orchestration und sogar Prüfungen abhalten können (nur halt online), davon handelt dieser Vortrag. Wir berichten von der (Open Source-)Lösung, die wir implementiert haben, den Tools die wir verwendet haben und von den Erfahrungen, die wir seither mit unseren Studentinnen und Studenten im Online-Untericht sammeln konnten. Und wir geben einen Ausblick, wie wir das "Vlizedlab" weiter in die Cloud übersiedeln wollen.
Die Vielfalt der Lehrveranstaltungen, die in einem PC-Raum abgehalten werden, stellen an dessen Software-Ausstattung enorme Anforderungen: Diversität von Software und Betriebssystemen, Rechtevergaben an Studierende, kontrollierte Netzwerkbereiche, kurze Umbauzeiten, Verlässlichkeit, etc.
Um diese Anforderungen mit einem leicht zu bedienenden System zu erfüllen, haben wir mit dem "VlizedLab" eine Lösung implementiert, in der die Studierenden in virtuellen PCs arbeiten, die in einem schlanken, aus Open Source-Komponenten bestehenden Basissystem laufen.
Mit dem "VlizedLab" können nicht nur viele Übungen, etwa im Bereich Office, Programmierung, Simulation, Multimedia, etc. störungsfreier und mit einem breiteren Spektrum an eingesetzter Software durchgeführt werden, sondern es werden auch etliche Übungen etwa im Bereich Betriebssysteme, Systemadministration, Datenbanken, Serverbetrieb, Netzwerk, Blockchain, Orchestration, etc. mit dieser Infrastruktur überhaupt erst möglich.
Auch komplexe Übungen, die eine flexible Simulation von Hardware erfordern (Beispiele: Netzwerk Client-Server-Firewall, Installation oder Migration von Betriebssystemen, RAID Ausfall von Festplatten, Aufsetzen von Clustern, Overlay-Netzwerken, Container-Orchestration, etc. ...) sind mit dem Vlizedlab möglich.
Lehrende können sich auf das Entwickeln spezifischer Computer-Konfigurationen für ihren Unterricht konzentrieren - das Ausrollen an die Studierenden übernimmt das Vlizedlab und sorgt damit für eine störungsfreie und konsistente Übungsumgebung.
Das Vlizedlab ist an der FH Burgenland sowie an einigen anderen österreichischen Schulen und Bildungseinrichrtungen seit ca. 2008 im Einsatz, wurde beständig weiterentwickelt und bildete über Jahre hinweg das Rückgrat der bestehenden flexiblen Ausstattung unserer PC-Räume. Auf der FROSCON 2014 wurde darüber berichtet.
Mit Corona und der Umstellung auf 100% Fernlehre praktisch über Nacht entstand die Notwendigkeit, dieses bewährte System zu den Studierenden nach Hause zu bringen - bei möglichst geringen Kosten, unter bester Verwendung der vorhandenen Hardware und so, dass Studierende unabhängig von ihrer Basiskonfiguration auf Notebook oder Heim-PC mit minimalem Installationsaufwand am Unterricht (wieder) teilnehmen können.
Damit mussten jetzt unter dem Druck der Coronamaßnahmen praktisch über Nacht Pläne verwirklicht werden, die schon länger in Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Bildungsministerium angedacht worden waren, um auch in PC-Raum-losen Bildungseinrichtungen, in denen Studierende im Sinne von "Bring-Your-Own-Device" auf einer Vielzahl verschiedener Geräte arbeiten, komplexe IT-Inhalte unterrichten zu können.
Im Endeffekt haben wir dem "Vlizedlab remote" nicht nur unsere Vielfalt an Unterrichtsgegenständen zu den Studierenden nach Hause gebraucht, sondern auch gleich die Möglichkeit geschaffen, am Ende des Semesters auf einfache Weise direkt aus dem Unterricht heraus praxisorientierte und aufgabenzentrierte online Prüfungen weit weg von "multiple choice" zu realisieren.
Dieser Vortrag berichtet davon, wie wir für die Umsetzung des "Vlizedlab remote" in die Trickkiste bekannter Open Source-Tools rund um Virtualbox, ssh, vnc, etc. gegriffen haben um damit das Labor zu den Studierenden zu bringen. Wir zeigen Architekur, Tools, Bedienung und wir berichten von den positiven Erfahrungen mit den Studentinnen und Studenten in unserer neuen ungewohnten "100% Fernlehre"-Welt.
Doch die Reise des "Vlizedlab" ist damit nicht zu Ende. Wenn das "remote" Arbeiten schon so gut funktioniert, steht als nächstes der Schritt weg von der eigenen Hardware, hinaus in die Cloud an. Wir geben einen Ausblick darauf, wie wir das Vlizedlab "cloudifizieren" und damit noch leistungsfähiger machen wollen, ohne seine Flexibilität zu verlieren.
Jedenfalls, ob "remote" oder nicht, das "VlizedLab" besteht ausschließlich aus Open Source Komponenten und kann lizenzkostenfrei eingesetzt werden. Und es zeigt, wie sehr sich Know-How an der Institution auszahlt, um unvorhergesehene Requirements rasch in den Griff zu bekommen.