MAZI Berlin: Lokale Netzwerke und die Diskussion um eine smarte Stadt von Unten

Andreas Unteidig and Elizabeth Calderón Lüning

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Im Berliner Piloten des EU-Forschungsprojekt MAZI arbeitete Common Grounds e.V./Prinzessinnengarten mit dem Design Research Lab der Universität der Künste an der Entwicklung eines stadtweiten Netzwerks, welches Akteure aus den kritischen Debatten zu Digitalisierungsprozessen, Protagonisten der lokalen Landschaft stadtpolitischer Initiativen sowie politische Entscheidungsträger zusammenbringt, um gemeinsame Perspektiven und Handlungshorizonte in Hinblick auf den Nexus Technologie, Stadt und Nachhaltigkeit zu entwickeln.

Die rasanten Entwicklungen der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) berühren zunehmend jeden Aspekt unserer Lebenswelten. Längst vermittelt uns Technologie die Zugänge, wie wir wahrnehmen, kommunizieren, uns bewegen, wie wir interagieren und wie unsere Gedanken und Positionen entstehen und sich verändern. Gegenständliche Räume verschmelzen mit Virtuellen, werden durch Algorithmen vermittelt und ko-produziert, öffentliche wie private Infrastrukturen operieren auf der Basis von Daten, wir kommunizieren durch Daten und sind unentwegt dabei, Daten zu produzieren: Das Digitale wird für uns alle mehr und mehr zu einem privilegierten Zugang zur Welt – für die Informationsbeschaffung etwa, zur Interaktion mit anderen, für unsere Identitätsarbeit oder dafür, wie wir unsere politischen Meinungen bilden, Öffentlichkeiten sich formen und schlussendlich politische Realitäten konstruiert werden. Gleichzeitig können wir zunehmende Tendenzen der Zentralisierung, Privatisierung, Homogenisierung und Prozesse der Schließung beobachten, denn die neuen Räume, in welchen all das stattfindet, werden sich immer gleicher – sie werden immer reibungsloser, komfortabler, zentralisierter und alternativloser. Die Kontrolle über die Plattformen und Systeme, die immer mehr Aspekte unserer Lebenswelt berühren, reduziert sich zunehmend auf ein paar wenige, kommerziell orientierte Akteure, die über ein hohes Maß an Definitionsmacht verfügen – etwa darüber, wie eine virtuelle Community funktioniert, durch welche Prozesse wir uns vernetzen, welche Ausdrucksmöglichkeiten für wen bereitstehen, oder wohin sich der Ausbau von Breitband-Netzen lohnt. Während Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) also eine immer zentralere Rolle in unseren Alltagsleben einnimmt, liegt die Autorschaft über das Design dieser IKT, deren Infrastruktur, der Besitzstand in Bezug auf die generierten Informationen und Datensätze, die Entscheidungshoheit über zukünftige Entwicklungen sowie die Parameter, auf denen diese Entscheidungen getroffen werden, zunehmend in der Hand einiger global agierender Unternehmen.

Das EU-geförderten Forschungsprojekt MAZI (CAPS/H2020) verfolgt einerseits die Gestaltung von niederschwelligen Angeboten zur Aneignung von DIY (Do-it-yourself) Netzwerktechnologie, die es Dritten erlauben sollen, netzwerkgestützte Kommunikation abseits dominierender Konzepte des „einen“, globalen Internets – und darin soziale Interaktionen jenseits von den Funktionen und Bedeutungs-Zusammenhängen der kommerziellen Angeboten wie Facebook und Google denken und nutzen zu können: die Idee ist es, dass sich jeder mit günstiger und offener Hardware ein eigenes, lokales Internet bauen kann, das je nach Design eine Wohnung, ein Haus oder eine ganze Stadt vernetzen kann, ohne notwendigerweise mit „dem Internet“ verbunden zu sein. Andererseits sollen Aspekte wie Vielfalt, Selbstbestimmung und Gemeinwohl in der Technologieentwicklung gestärkt und ein Beitrag zu einer gesamtgesellschaftlichen Verhandlung über die sozialpolitischen Aspekte von Digitalisierungsprozessen geleistet werden.

Zu diesem Zweck verfolgt das Berliner MAZI Netzwerk seit Januar 2016 das Ziel, möglichst niederschwellige Zugänge zur Entwicklung von IKT für eine breite Vielfalt von Akteuren zu schaffen, und diesen darüber zu erleichtert, die eigene Autorschaft in Hinblick auf ihre techno-sozialen Zukünfte zu erfahren; Darüber hinaus sollen plausible Narrative geschaffen, identifiziert und gestärkt werden, die als Alternativen zu den großen Top-Down Entwürfen (z.B. Smart City) bestehen können. In diesem Zusammenhang wurde das Thema Technologieentwicklung gezielt mit Akteuren, Perspektiven und Diskursen aus IKT-fernen Bewegungen sozialer Nachhaltigkeit (z.B. Recht-auf-Stadt, urbane Kooperativen, sozial-ökologischer Wandel, etc.) verknüpft und eine Community of Practice um das Konzept der DIY Netzwerke geschaffen, welche die eigenen politischen Perspektiven und Aktivitäten mit der hier geschilderten Problematik verknüpft.

Der hier umrissene Vortrag zeichnet die entwickelten Perspektiven zur Notwendigkeit einer Synthese unterschiedlichster Diskurse und Praktiken nach, die auf eine techno-sozial-ökologisch nachhaltige Entwicklung abzielen, und berichtet von den Taktiken, Strategien und (auch digitaler) Tools, die im Verlauf der Netzwerkbildung entwickelt wurden.

Aus der Reflexion bisheriger Erfahrungen und der Diskussion von Plänen zur zukünftigen Entwicklung des Netzwerks wollen wir in die Diskussion über Anschlussfähgkeiten zu ähnlichen Prozessen und Interessen über den Rahmen des Forschungsprojekts hinaus treten.

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